Interviews gehören zum Alltag von Journalist:innen und Reporter:innen. Zuletzt machte aber ein negatives Beispiel Schlagzeilen, das aufzeigt, wie KI bei Interviews NICHT verwendet werden sollte.
Die Boulevardzeitschrift “die aktuelle” hatte ein exklusives Interview mit Michael Schumacher veröffentlicht. Was zunächst wie ein medialer Coup aussah, entpuppte sich als KI-erstelltes Interview. Die Chefredakteurin des Blatts war anschließend ihren Jobs los.
Wie immer gilt: KI kann nicht die Arbeit von Journalist:innen ersetzen. KI sollte stattdessen eher als Assistent und als Inspirationsquelle für die journalistische Arbeit genutzt werden. Tools wie ChatGPT, Bard oder Bing Chat können uns daher große Helfer sein, um Interviewpartner:innen zu finden, mehr über sie zu erfahren und gute Interviewfragen zu brainstormen. Nochmal: Immer ist die KI nur Assistent und Sparringspartner für unsere eigene Arbeit.
Recherche von Interviewpartner:innen
Am Anfang jedes Prompts stehen die Persona und die Aufgabe (hier nochmal nachlesen). Wir bringen das KI-Tool in das richtige Setting, indem es eine von uns definierte Rolle übernimmt. In diesem Fall versetzen wir die KI in die Haut von Journalist:innen, die Interviews führen:
“Du bist Journalist:in für ein Online-Medium und führst regelmäßig ausführliche Interviews mit Personen aus Politik und Gesellschaft.”
Nun geht es um die Aufgabe, die wir der KI geben wollen. Das Tool soll für uns Interviewpartner:innen zu einem bestimmten Thema suchen. Dafür definieren wir das Thema, den Auftrag und die Form des Ergebnisses. Ein Beispiel-Prompt:
“Du möchtest ein Interview führen zum Thema ‘Veränderungen in der Gesellschaft durch künstliche Intelligenz’. Du benötigst Gesprächspartner:innen zu diesem Thema. Bitte recherchiere mögliche Personen. Diese können aus verschiedenen Bereichen wie Forschung, Technik, Medien stammen. Bitte erstelle mir eine Liste mit den Personen, mit ihrem Namen und ihrer Funktion.”
Die KI gibt mir folgendes Ergebnis:
Dies ist eine erste grobe Übersicht über Institutionen und konkrete Personen, mit der wir weiterarbeiten können. Wie immer gilt: Diese Informationen sollten anschließend auf ihre Richtigkeit überprüft werden.
Für diese Recherche ist es notwendig, ein Tool zu nutzen, das Internetzugang hat. Ich habe die Pro-Version von ChatGPT genutzt. Kostenlos geht es aber auch mit Google Bard oder dem Bing Chat.
Informationen über Gesprächspartner:innen
Ähnlich können wir vorgehen, sobald wir unsere Interviewpartner:innen gefunden haben und mehr über sie erfahren wollen. Dann geben wir der KI den Auftrag, weitere Informationen zu suchen und aufzubereiten. Wer sich für informationen aus verschiedenen Kategorien interessiert, sollte die KI fragen, Schritt für Schritt vorzugehen.
In dieser Woche hielten die Bauernproteste Deutschland in Atem. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, erlangte dabei neue Berühmtheit. Viel weiß die Öffentlichkeit nicht über Herrn Rukwied, daher ist er eine gute Person für meinen Test:
“Stelle mir Informationen zusammen zur Person Joachim Rukwied. Er ist Präsident des Deutschen Bauernverbands. Erstelle Schritt für Schritt eine Liste mit Informationen in folgenden Kategorien: Informationen zur Person, wichtige Aussagen, wichtige Ereignisse.”
Das Ergebnis:
Auch diese Informationen müssen geprüft werden, doch ein großer Vorteil der Websuche bei KI-Tools: die Quellen werden genannt und verlinkt.
Interviewfragen entwickeln
Sollten uns die Ergebnisse der KI noch nicht befriedigen, können wir Nachfragen stellen und in einen Austausch mit dem Tool treten. Ansonsten können wir zum nächsten Schritt kommen und mit Hilfe der KI Interviewfragen brainstormen.
Das Tool kennt den bisherigen Austausch mit Suche und Recherche zu Gesprächspartner:innen. Daher müssen wir im nächsten Prompt nur die Aufgabe präzise definieren. Dazu ist es wichtig, die konkreten Themen zu skizzieren, den Ton vorzugeben und die Form der Fragen festzulegen:
“Nach dieser Recherche zu Joachim Rukwied, bitte formuliere zehn Interviewfragen, die sich vor allem auf die folgenden zuvor recherchierten Aspekte beziehen:
1) Verteidigung des Subventionssystems für die Landwirtschaft
2) Notwendigkeit von Subventionen für die Landwirtschaft
3) Abstreiten der Verantwortung der Landwirtschaft für das Artensterben
4) Verharmlosung von Umweltproblemen durch die Landwirtschaft
Das Interview hat das Ziel, die grundsätzlichen Meinungen und Standpunkte von Herrn Rukwied zu besprechen und den Lesern darzustellen. Es soll nicht um konkrete Ereignisse gehen.
Nutze einen professionellen und anerkennenden Ton. Die Fragen können im Laufe des Interviews aber auch provokanter werden. Erstelle mir eine Liste mit den zehn Fragen in einer sinnvollen Reihenfolge.”
Hier das Ergebnis:
Die KI hat es geschafft, Fragen zu entwickeln, die sowohl generelle Standpunkte abfragen, provokant hinterfragen und mögliche Kompromisse oder Lösungen aufzeigen. Dennoch dient auch diese Übersicht natürlich nur als Inspiration für unsere Arbeit. Bei der Dramaturgie und Sprache der Fragen gibt es sicherlich noch Verbesserungsbedarf.